DER BLOG

 10 Fragen - 10 Antworten an: Michael Hilgers von studio michael hilgers

- FALT Beistelltisch mit CLEM Vase + Kerzenhalter: purSTAHL.com


 1. Dein Werdegang
Wie bist Du eigentlich zum Design gekommen?
Ich würde sagen, das Design ist eher zu mir gekommen- und zwar schon sehr früh: In der Grundschule habe ich Dinge auseinander genommen und wieder zusammengesetzt um zu sehen wie sie funktionieren; noch vor dem Abi habe ich meine ersten schrecklichen Kleinmöbel gebastelt. Der Gewinn der guten Form für mein Gesellenstück war sicherlich ein wegweisender Abschluss meiner Berufsausbildung zum Tischler. Das anschliessende Architekturstudium in Wuppertal konnte mich auch nicht vom Weg abbringen: Die
Entwicklung von Ideen, die Gestaltung von Dingen und Räumen scheint einfach meine Lebensaufgabe zu sein...



2. Dein Verkauf
Wie und wo verkaufst Du Deine Produkte?

Meine Entwürfe werden zum einen von renommierten Herstellern wie z.B. den Müller Möbelwerkstätten, Sudbrock usw. über den klassischen Einzelhandel vermarktet; meine Designs für diverse Büromöbel- oder Küchenhersteller werden über den einschlägigen Fachhandel verkauft.

Die von mir entwickelte Kollektion für das junge Label purSTAHL ist aktuell primär über dessen Onlineshop erhältlich; erste (auch physische) Einzelhändler sind bereits auf die innovativen, farbenfrohen Accessoires und Kleinmöbel des sauerländischen Herstellers aufmerksam geworden- was mich sehr freut!

Über meine eigene Marke rephorm vertreibe ich seit langem meine Entwürfe für den Balkon. Und dies sowohl durch den eigenen Webshop als auch über diverse grössere Onlinehändler.

Ich nutze unser Interview jetzt einfach mal für einen kleinen Spoiler in eigener Sache: Zum 20jährigen Firmenjubiläum geht mein kleines Outdoor- Label nun endlich ins Haus!

Damals habe ich für rephorm mit meinem STECKLING den allerersten Pflanzbehälter entwickelt, den man werkzeuglos einfach auf’s Geländer stecken kann; der ab 2025 u.a. über den rephormhaus Shop erhältliche STECKRETÄR überträgt nun das Konzept des hilfreichen Add-on Produktes in den Möbelbereich:

Dieses kompakte Home Office Schreibtisch Plug-In verwandelt das meistverkaufte schwedische Regal der Welt in 30 Sekunden in einen ergonomischen Steharbeitsplatz. Sollte dieses Regal nicht vorhanden sein, kann man den STECKRETÄR mit einem Rahmen aus massiver mecklenburgischer Eiche bestellen: So wird das Möbel zu einem der flachsten Wandsekretäre auf dem Markt.
Der klappbare, platzsparende Arbeitsplatz lässt sich sogar flächenbündig in eine Trockenbau-Wand integrieren; so ist der STECKRETÄR ein potentiell interessantes Produkt für Hotels oder Officeumgebungen.

Ziel war es, bewusst ein in Deutschland hergestelltes nachhaltiges Produkt zu entwickeln, das nicht nur für private Kunden interessant ist, sondern auch eine Lösung für den Objektbereich darstellt: Es ist ein Möbel, dass in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen hilfreich ist und so über jeden erdenklichen Vertriebskanal vermarktet werden kann.

Übrigens: Der STECKRETÄR ist zukünftig in diversen (Wunsch)farben erhältlich- unter anderem auch in Deiner Lieblingsfarbe gelb…;-)
(Anmerkung Susann: Danke, das klingt nach einem echten Produkt für mich!).



3. Alternative Berufe
Welche 2-5 alternativen Berufe wären auch passend gewesen?

Das aktuelle Projekt für purSTAHL ist ein exemplarisches Beispiel meiner 2-5 Berufe: 
Neben meiner Kernkompetenz als Produktdesigner habe ich die Marke konzipiert, bin als Produktmanager tätig und war maßgeblich an der Entwicklung des Webshops beteiligt. Ich produziere den Social Media Content, bin also auch Fotograf, Filmemacher, Autor in Personalunion.

In den vergangenen Jahren hat sich der Architekt in mir auf die minimalinvasive Umgestaltung von Bibliotheken spezialisiert: Ohne in die bauliche Substanz einzugreifen, entwickle ich Möbellösungen (häufig durch ein Upcycling vorhandenen Inventars), die veraltete Büchereien ohne ein grosses Budget in inspirierende „dritte Orte“ verwandeln.

Meine Erkenntnisse teile ich gelegentlich als Dozent an berufsbildenden Schulen: So begleite und unterstütze ich z.B. angehende Tischler bei der Gestaltung Ihrer Gesellenstücke. Tatsächlich bin ich anscheindend gleichzeitig in mehreren Berufsbildern tätig- aber am Ende hängt doch alles sehr eng miteinander zusammen. Es ist halt EIN Leben...



4. Deine Inspiration
Wie sieht Dein tägliches Ritual für die Inspiration aus?

Ich beginne den Tag generell sehr gerne sehr früh mit positiven Gedanken von Menschen, die klüger sind als ich: Nach einer Microdosis Yoga lese ich gerne noch vor dem ersten Kaffee einige inspirierende Zeilen über Philosophie oder Kreativität. Das bringt mich auf eigene Ideen oder bestärkt mich in meinen eigenen Gedanken. Auf jeden Fall halte ich mich an den Wahlspruch „No screenlight before daylight“. 

Das wichtigste Ritual für mich ist es, mich regelmäßig daran zu erinnern, den Alltag (sei es nun mein eigener oder den meiner Mitmenschen) sowie die Dinge die uns bei unseren Tätigkeiten begleiten bewusst wahrzunehmen. Für mich steckt die relevanteste Inspiration in den scheinbar belanglosen Dingen um uns herum.


5. Deine Designs
Was passiert nach dem Entwurf? Wie gehts zum Prototypen?
Ich versuche immer denkbar einfache, minimalistische Produkte zu entwerfen: Nachdem die Idee im Skizzenbuch entwickelt wurde, baue ich simple Modelle und Mockups gelegentlich in meiner kleinen Prototypenwerkstatt; in der Regel erstelle ich seriennahe 3D Modelle am Rechner, die zeitnah und kostengünstig direkt per Laser- und Abkanttechnik als Prototyp umgesetzt werden können.

Braucht jedes Produkt auch einen Musterschutz/Patent?
Der oben angesprochene STECKLING war das erste Pflanzgefäß zum Aufstecken auf das Balkongeländer. Heute gibt es von dieser Idee welweit Millionen Kopien. Selbst renommierte deutsche Hersteller scheuen sich nicht, meine ursprüngliche Idee nachzuahmen: Mein Designschutz nützt mir hier wenig bis gar nichts. 

Es werden Kleinigkeiten, Details verändert- und schon ist der „Schutz“ obsolet. Für ein Patent wäre die „Erfindungshöhe“ laut Patentanwalt nicht ausreichend gewesen- und dennoch hatte meine simple Idee anscheinend das Potential, die Balkone und somit ein wenig das Stadtbild vieler Städte positiv zu verändern. Ich sehe diese Nachahmungen heute eher als grösstmögliches Kompliment.

Der Schutz geistigen Eigentums ist äusserst wichtig; Folgendes sollte jedoch jedem Gestalter und jeder Gestalterin bewusst sein: Die Firmen die Deine Idee kopieren, sind in der Regel deutlich grösser als Du und verfügen über ausreichende Mittel sowie empathiebefreite MitarbeiterInnen, deren Job es einfach ist, gute Ideen von unseresgleichen unrechtmäßig zu ihrem Vorteil zu benutzen.

Du must also entscheiden, ob Du Dich ärgerst, ob Du kämpfst, Zeit und Geld investierst um Deine Rechte vielleicht irgendwann durchzusetzen: Schlechte Gedanken verhindern einfach weitere gute Ideen…

Der STECKRETÄR ist übrigens exakt durch diese Veröffentlichung in Deinem Blog geschützt: Mit dem Zeitpunkt, an dem ein Entwurf einer fachkundigen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, gilt für dieses sogenannte „nicht eingetragene Geschmacksmuster“ 3 Jahre lang ein europaweiter Schutz….!


6. Hast Du einen Erfolgstipp für angehende Designer?
Höre auf Deine innere Stimme. Die Menschen die Dir von irgendetwas abraten oder Dir eindringlich zu etwas raten, haben in der Regel keine Ahnung von dem was Du tust oder möchtest. Scheitere- und mache ein wenig anders weiter. Mache Dein eigenes Zeug: Bitte ahme nichts nach, folge keinen Trends. Versuche lieber Trends zu setzen. Sei nicht oberflächlich. Sei authentisch. Sei nett.


7. Dein Social Media Auftritt
Wie nutzt Du die sozialen Medien für Dich und auf welchen Plattformen bist Du vertreten?
Ich bin auf sämtlichen Plattformen unterwegs; Instagram ist mein Favorit. Mein Content besteht ausschließlich aus meinem eigenen Zeug. Mein Fokus liegt hier beim bewegten Bild. Ich trete gerne hinter meinen Entwürfen zurück; die Idee ist der Hauptdarsteller. Sie sollte neuartig und selbsterklärend sein. Wenn man eine Idee nicht in zwei Sätzen oder einem dreisekündigen Video beschreiben kann, ist es für mich keine wirklich gute Idee.

Der Erfolg meiner simplen Beiträge bestätigt meine Vorgehensweise: Das Video des KETT Regals wurde insgesamt über 16 Millionen mal angeschaut; ich konnte so organisch (also ohne eine einzige kostenpflichtige Werbeanzeige) für purSTAHL innerhalb eines Jahres mehr als 90.000 Follower gewinnen...



8. Dein Warum
Warum machst Du das, was Du machst und was bedeutet Erfolg für Dich?
Gerade in schwierigen Zeiten fragt man sich natürlich gelegentlich: Warum mach’ ich den ganzen S….. eigentlich? Warum lebe ich nicht das sichere Leben eines Angestellten mit gesetzlich vorgeschriebenen Urlaubstagen, KV, RV und Firmenwagen?

Die Antwort ist ganz einfach: Das wäre einfach nicht MEIN Leben. Ich geniesse diese besondere Freiheit. Ich schätze das Privileg, Verantwortung über mein Denken und Handeln übernehmen zu dürfen.

Es heisst ja immer gerne: „Lebe im Moment“-aber wir alle wissen, wie schwer dies ist.

Der Zeitpunkt an dem eine Idee „aufploppt“ ist für mich einer dieser besonderen Augenblicke- und für mich die reinste Form des „Jetzt“: Vor der Idee war nix. Plötzlich ist die Idee da; die Zeit scheint kurz still zu stehen… Sobald Du Deine Idee im Skizzenbuch fixierst, einen Prototypen baust usw. wird dieser erste sehr besondere Impuls dann sehr schnell zum (Berufs)alltag.

Ich denke, dieser fortwährende erfüllende Kreislauf aus Idee, Umsetzung und eventueller Vermarktung treibt mich um.

Erfolg bedeutet für mich natürlich, von meinen Ideen leben zu können- vor allem erfüllt es mich jedoch ein wenig mit Stolz, wenn sich Mitmenschen für meine Entwürfe begeistern und diese bewusst zur Bereicherung Ihres Alltags nutzen...


9. Ein Neubeginn
Wenn Du mit der Erfahrung von heute nochmal von vorne anfangen könntet, was würdest Du heute anders machen?
Ich denke ich würde nicht vieles anders machen. Vielleicht würde ich weniger häufig versuchen, in Vorleistung zu treten und mit richtig guten Entwürfen initiativ an die falschen Unternehmen heranzutreten. Ich würde deutlich häufiger Projekte (so wie aktuell den STECKRETÄR) einfach eigenhändig umsetzen und vermarkten.


10. Dein nächstes Ziel
Was ist Dein nächstes großes Ziel oder Wunschtraum, den Du Dir erfüllen möchtest?
Albert Einstein wird folgendes Zitat nachgesagt: „In der Mitte von Schwierigkeiten liegen die Möglichkeiten."

Mich interessiert mittlerweile die schillernde, kommerzielle Scheinwelt des Designs deutlich weniger als die faszinierenden Chancen, die gute Ideen in solchen sozialen und wirtschaftlichen Bereichen entfalten können, wo Design bisher eigentlich kaum eine Rolle spielt.

Mit "ideeimpuls" habe ich daher ein Beratungs- Vortrags- und Workshopformat entwickelt, das Inspirationen für diese noch „designfreien“ Zonen bieten soll: Mein unentgeldliches Angebot richtet sich an KMUs, ambitionierte Handwerksbetriebe, Unternehmensnachfolger, kleine Bibliotheken, soziale Einrichtungen und ländliche Gemeinden.

Ziel ist es, mit Hilfe des Designs neue zukunftsorientierte Denkanstöße zu geben und schlafende Potentiale zu erwecken – sei es in Form eines initialen Gedankens, einer innovativen Produktidee, eines besonderen Raumkonzepts oder vielleicht eines lokalen Designevents: Tatsächlich bin ich aktuell dabei, das Konzept für ein Designfestival in einer norddeutschen Kleinstadt zu entwickeln.

Ein erstes konkretes Lieblingsprojekt in diese Richtung ist die Entwicklung eines Slowflower Hochbeetsystems: Für den kleinen Landwirtschaftsbetrieb Beetland in Mecklenburg-Vorpommern entwickle ich aktuell quasi ehrenamtlich einen modularen regional gefertigten Pflanzbaukasten aus Cortenstahl, in dem zukünftig nachhaltig und ohne Pestizide heimische Blumen angebaut werden sollen...


Ich bedanke mich ganz herzlich für die Beantwortung der 10 Fragen bei Michael Hilgers.

INFO & Kontakt:
Michael Hilgers | studio michael hilgers


instagram.com/studiomichaelhilgers

Mit freundlicher Unterstützung und über studio michael hilgers zur Verfügung gestellt von: 
Fotos: Michael Hilgers

von Susann Pfeiffer 20. Januar 2025
Instagram & LinkedIn für Kreativschaffende und Künstler*innen Kreativschaffende, Designer*innen und bildende Künstler*innen stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen, wenn es um die eigene Sichtbarkeit in den sozialen Medien geht. In diesem Kurs lernst Du, wie Du Instagram effektiv nutzen kannst, um Deine Werke, Designs oder kreativen Projekte zu präsentieren, das eigene Netzwerk auf LinkedIn aufzubauen und zu erweitern und neue berufliche Möglichkeiten zu entdecken. Mit praktischen Tipps und Strategien speziell für Kreativschaffende und Künstler*innen bist Du anschließend in der Lage, Deine persönliche Marke zu stärken und eine engagierte Community aufzubauen. Hier gehts direkt per Button zur Anmeldung: Voraussichtlicher Start ab Dienstag, 25. Februar 2025 .
von Susann Pfeiffer 22. November 2024
10 Fragen - 10 Antworten. Heute: Claudia & Dieterich von nest gestaltung aus Münster.
von Susann Pfeiffer 12. November 2024
Das "gug#mag" ist ein Interviewmagazin für bildende Künstler, welches bereits im Jahr 2015 von meiner Kollegin Elvira H.M. Wrosch und mir, Susann Pfeiffer, ins Leben gerufen wurde. Seit ich denken kann, interessiere ich mich für das Thema "Erfolg" im Kontext der bildenden Kunst und für meine Lieblingsmenschen, wie ich bildende Künstler (und Designer) gerne nenne - sind sie doch auch Gleichgesinnte- selbst wenn ich im Hauptberuf Social Media Strategin bin, so bin ich auch immer noch auch als Künstlerin & Fotografin aktiv. Mit diesem Magazin möchten wir Künstlern eine Bühne schenken. Hier beschäftigen wir uns zudem mit den Fragen an das Leben der Künstler, Fragen zu Erfolgen und Misserfolgen, als auch dem künstlerischem Werdegang und täglichen Ritualen. Schaut doch gern mal vorbei! www.gug-mag.de Fotos: Susann Pfeiffer für gug-mag.de
von Susann Pfeiffer 30. Oktober 2024
10 Fragen - 10 Antworten. Heute: Helen & Michael von HUMstore aus Sulingen.
Portrait Sarah Müller made by Katharina Luber Creative
von Susann Pfeiffer 13. Oktober 2024
10 Fragen - 10 Antworten. Heute: Sarah Müller, Produktdesignerin aus Regensburg.
Sabine Bockemühl von artundstyle.de
Foto by Joachim Gies
von Susann Pfeiffer 2. Oktober 2024
10 Fragen - 10 Antworten. Heute: Sabine Bockemühl von artundstyle.de aus Wiehl.
von Susann Pfeiffer 4. Juli 2024
Unter dem Hashtag #HUMundSU -starte ich zusammen mit Helen & Michael vom HUMstore einen Gemeinschaftsblog. Eine Interviewreihe. Wir interviewen uns gegenseitig und stellen uns Fragen zu unseren jeweiligen Berufen.
Share by: